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Klettersteigkurs mit Hochtouren Charakter

Klettersteige Alpin

10.09.2022

Um fünf Uhr morgens startet der Bus mit der Meute noch im Halbschlaf. Das Ziel ist nichts
Geringeres als den Hohen Dachstein zu erobern und zwar über Klettersteige und Gletscher.
Unser Vorhaben ist knackig. Unsere Gruppe ebenso. Aber bevor wir den Gipfel erstürmen
können müssen noch ein paar Grundlagen erlernt und die Fähigkeiten innerhalb der Gruppe
angeglichen werden. Denn manche sind Wiederholungstäter die so einen Kurs schon mal
gemacht haben und für andere ist es die erste Gelegenheit mit Steigeisen auf Eis zu stapfen.
Für Lina, unsere Jüngste, war zum Beispiel alles neu. Mit unter die ersten Klettersteige, erste
Gletscherbegehung und viele neue Seiltechniken. Sie hat alles auf Anhieb beispielhaft
gemeistert. Chapeau!

Im Laufe der Woche kam so jeder mal an seine Grenzen, manche wuchsen darüber hinaus,
manche merkten wo diese sind, um sie ein andermal wieder zu testen. Insgesamt war es ein
tolles Team mit guter Laune und mit Spaß am Lernen und am Machen.
Spulen wir zurück zum Anfang!


Unten, am Parkplatz der Hunerkogelbahn scheint noch die Sonne aber oben am Hallstätter
Gletscher ist die Sichtweite nur noch 30m. Die Schneeauflage ist weich und bräunlich
verfärbt durch den Saharastaub. Mit Paul an der Führung machen wir uns auf dem Weg zur
Simonyhütte. Seine Nase riecht den Weg - sehen kann ihn ja keiner von uns. Am aperen
Gletscher kommt die erste Härteprobe auf uns zu. Wir ziehen die Steigeisen an und steigen
ab!
Im steilsten Teil beträgt die Hangneigung bis 40°, doch alle sind konzentriert und wir haben
nur einen kleinen Stolperer ohne Konsequenzen. Unten wieder an glatt geschliffenem
Gestein angekommen, werden wir mit den ersten Blicken auf die Hütte belohnt. Die
Anspannung der Teilnehmer geht merkbar zurück, wussten wir doch jetzt ganz genau wie
viel Strecke wir noch vor uns haben.


“Ich will nicht schon wieder Suppe essen” - kam entrüstet aus Michaels Mund. Nach drei
Abendessen an der Simonyhütte wussten wir selbst die Frage zu beantworten ob wir die
Löffel für den zweiten Gang behalten sollten oder nicht. Dafür gibt es das beste
Frühstücksbuffet das ich auf einer Hütte bislang erlebt habe. Der Mohnkuchen bleibt
besonders in Erinnerung.
Diesen Stützpunkt haben wir genutzt um die Fertigkeiten und Erfahrungen zu sammeln die
wir für die späteren Ziele brauchen würden. So haben wir gelernt uns einander mit Seil und
verschiedenen Geräten im Klettersteig zu unterstützen oder abzulassen. Auch das Abseilen
wurde geübt, für die Selbstrettung. Diverse Knoten, Wetterkunde, Tourenplanung,
Orientierung und natürlich ganz viel Gehen im Gelände. Es gab für jeden etwas zu lernen,
sogar für alte Bergziegen. Das Wetter wurde mit jeden Tag besser und wir ließen uns nie von
Kälte, Nebel oder Nässe beeindrucken. Am Tag, als wir die Hütte endgültig verlassen haben,
gab es keine einzige Wolke mehr am Himmel. Das war auch gut so, denn es war ein langer
Tag.
Zuerst der Aufstieg über Fels, dann über Gletscher. Begehung eines wunderschönen
Klettersteigs am Westgrat zum Koppenkar, dann der Abstieg über den aller ersten
Klettersteig, der für Touristen erbaut wurde - den Hunerscharten Klettersteig, bis hin zur
Südwandhütte am Fuße des Dachsteins. Schöner Pausentag - wenn man Paul fragt.
Das Essen hat geschmeckt, das Lager war im aufrechtem Gang begehbar, es gab Panorama
und eine Terrasse dazu. So stellt man sich eine Hütte vor. Alt, verwittert, voller Charme, mit
einem tollen Wirt und einem netten Team. Wir hatten uns schon so drauf gefreut hier später
nochmal zu nächtigen, dass wir ein Materialdepot eingerichtet haben. Dann kam es doch
anders. Man muss ja improvisieren können.


Von hier aus wollten wir ganz Großes leisten. Wir wollten die Anna (D, 2 Std.) und den
Johann (E, 6 Std.) einen Besuch abstatten. Aber die Anna hatte es in sich (das alte Luder).
Der Klettersteig mit D Bewertung und 2 Stunden Gehzeit hat sogar Petra - unsere fitteste
Teilnehmerin dazu gebracht, in den Johann gar nicht erst einzusteigen. Der vermeintliche
Pausentag hing vielen noch in den Knochen und so haben sich nach und nach die
Teilnehmer aus der Gruppe ausgegliedert um zurück zur Hütte zu gehen. Letzten Endes war
ich doch sehr beruhigt darüber, wie gut sich Michael, Rolf und Petra - die drei haben Anna
besiegt - sich selbst eingeschätzten und für den Abbruch, nach der Anna, plädiert haben.
Überschätzung der eigenen Grenzen ist und bleibt die größte Fehlerquelle beim Klettersteig
gehen. Diese Truppe hat sich stets in Vernunft bewiesen. Nun mussten wir jedoch
improvisieren. Der Tag war jung und wunderschön, so kamen Visionen vom Freibad auf. Wir
haben uns dann doch für Klettersteige entschieden, die in einer vom Tourismusverband
ausgestellten Broschüre sehr gut dargestellt waren. So kamen auch die, die Anna nicht
klettern konnten dann doch noch auf ihre Klettermeter.
Um uns für den morgigen Gipfeltag zu schonen fuhren wir mit der Gondel hinauf. Das was
eine Fahrt! Auf dem Dach der Gondel! Per Zufall kam es dazu, dass uns der sympathische
Mitarbeiter in die erste Klasse gesteckt hat.

 


Die Seethalerhütte - oder Ökoschachtel, wie Paul Sie nennt - ist die jüngste Hütte die ich
kenne. 2017 erbaut steht sie neben der Stelle, wo zuvor die Dachsteinwartehütte 1929
errichtet wurde. Sie ist innen wie außen modern und kompakt. Trotz dessen haben wir uns
sehr schnell sehr wohl gefühlt in ihr. Nicht zuletzt wegen des tollen Teams die uns
willkommen fühlen ließ. Am nächsten Tag war Erfahrung sammeln angesagt. Erfahren haben
wir, dass man nicht gleich panisch werden muss nur weil das Wetter nicht so kommt wie man
es gerne hätte.


Am Abend zuvor wurde schon Regen und teils auch Gewitter am Dachstein angekündigt. Die
Entwarnung kam schnell, es gab nur Regen und Nebel, sonst keine Gefahren. So haben wir
ausgiebig und in aller Ruhe gefrühstückt und darauf gewartet das sich die Lage ändert. Als
der Regen aufhörte starteten wir prompt. Zum Glück war der Zustieg zum Klettersteig auf
den Hohen Dachstein über eine schneebedeckte Gletscherzunge kurz und so haben wir uns
nicht verlaufen. Ohne Aussicht und mit kalten Temperaturen konnten wir leider nur als zweite
Gruppe in den Klettersteig einsteigen. Auch so kamen wir zügig voran und erreichten das
Gipfelkreuz in einer guten Zeit. Langes Gipfelglück war leider nicht möglich, aber auch nicht
erwünscht. Paul hat sein Wunsch von einem Foto, wo er einarmig am Pickel vom Gipfelkreuz
hängt, erfüllt und so haben wir mit guter Laune den Abstieg begonnen. Ursprünglich war die
Überschreitung angedacht, da jedoch der Schladminger Gletscher mehr Spalten hatte und
eine erschwerte Orientierung bot, sind wir den direkten Weg hinuntergegangen, auf den
Hallstätter Gletscher und zurück zur Hütte um unsere Sachen zu holen.
Diese verkürzte Version ließ die Teilnehmer sehr schnell beschließen die Tour hier enden zu
lassen, anstelle eine weiteren Übernachtung auf der Südwandhütte zu machen. Schade,
denn diese war doch sehr angenehm.

 

So endete ein weiteres Abenteuer in den Bergen. Wir haben viel gelernt, gelacht, gestaunt,
haben unsere Körper erlebt und Erfahrungen gemacht. Es hat mich immer wieder erfreut den
Spaß in den Gesichtern der Teilnehmer zu sehen, trotz oder womöglich gerade wegen den
manchmal schwierigen Wetterbedingungen. Die Vorfreude auf nächstes Jahr ist groß denn
es geht in die Brenta, also meldet euch an mit Paul und mir auf Tour zu gehen!


János Palik, Instruktor